Radreise Island August 2002

 

 

Ich habe im August 2002 eine Radreise durch Island gemacht.

Mein Ziel dabei war vor allem, wenigstens 1 x die Wüsten des zentralen Hochlandes zu durchqueren.

Monate vor der Abreise begann ich mit den Vorbereitungen.

Viele Informationen erhielt ich über's Internet, wo ich auch einige Berichte anderer Radler fand.

Außerdem gibt es einen ganz hervorragenden Führer eines deutschen Journalisten, Ulf Hoffmann, der selbst monatelang und über viele Jahre nahezu alle Pisten und Strassen Islands abgefahren ist.

Mit viel Gepäck und neuem Reiserad flog ich dann Anfang August von Frankfurt nach Kopenhagen und von dort mit Iceland-Air nach Island.

In der Folge gebe ich Ausschnitte aus meinem Tagebuch weiter - so wie ich es nachts, im Zelt liegend, müde nach den Tagesstrapazen, auf den Knien geschrieben habe. Dazwischen in Stichworten einiges zum Reiseverlauf.

Fangen wir also am besten gleich an mit einem Eintrag über den Anflug auf die Insel:

Grandios der Anflug auf Island: vorbei am Vatnasjökull, dem größten Gletscher Europas, dann die vielen hundert Flussläufe der Skeidararsandur.

Wir fliegen in niederer Höhe, das Wetter ist gut, der Blick über die Insel umwerfend: Gletscher, Berge in allen Farben, Schwefelseen, farbige Flüsse und kein einziges Zeichen einer Besiedlung.

Ich kann die Ringstrasse erkennen, darauf auf weitester Strecke kein Auto.

Wir fliegen dann sehr niedrig über Reykjavik und landen in Keflavik.

Mein Rad ist auch da, aber in einem Zustand, dass ich zuerst einiges reparieren muss.

Durch die Zeitverschiebung gewinne ich 2 Stunden und kann so um 14 h hiesiger Zeit starten.

 

1. Etappe: Anreise + Keflavik - Torfaboer, 81 KM

Nach Grindavik hört der Asphalt auf - die Piste beginnt. Diese besteht aus grobem Lavaschotter und ist sehr schwer zu befahren. Hier massiver Angriff wilder Möven (gottseidank Helm auf dem Kopf!)

Zu der folgenden Strecke gehört dieser Eintrag:

Die 50 km lange Strecke bis Torfaboer ist traumhaft! Bergauf, bergab durch skurrile Lavamassen; bei unglaublich warmem, nordischen Licht. Die ganze Gegend ist völlig unbewohnt, pro Stunde kommen 1 - 2 Autos entgegen.

Torfaboer: Gebiet um den Zeltplatz war jahrhundertelang Weideland, bis es durch Sandstürme verödete. Auf den Bauerhöfen lebten von 1700 bis 1936 immer um die 100 Leute - heute nur noch 12.

 

2. Etappe: Torfaboer - Hvollsvöllur, 120 Km

Am folgenden Tag Dauerregen kein fotografieren möglich Selfoss Verhauer, 20 km in starkem Wind umsonst gefahren.

Ein Eintrag an diesem Tag:

Für 2 Stunden hört's auf zu regnen. Es hat 12 Grad.
Die Gegend ist völlig beschissen - welliges, monotones Weideland soweit das Auge reicht. Die Strasse ein gerader Strich, kilometerweit einsehbar bis zur nächsten Kuppe am Horizont.
Weiterfahrtbis Hvollsvöllur, der vorerst letzten Stadt (600 EW).
Dort zelte ich als einziger Gast auf dem Campingplatz und kaufe noch ein:
1 Stückchen Fleisch, etwas Salat und ¼ l Milch: € 16.-

 

3. Etappe: Hvollvöllur - Vik, , 85 Km Tagebucheintrag für die erste Hälfte des nächsten Tages:

Regen die ganze Nacht, im Regen packe ich zusammen, im Regen starte ich. Extremer Gegenwind kommt auf, teilweise komme ich nur noch mit 7 km / h weiter. Den Plan, heute Vik zu erreichen, gebe ich schnell auf. Ich nehme mir vor, solange zu kämpfen wie's geht und dann ein Notlager am Straßenrand einzurichten.
Die Gegend ist jetzt total flach, es existiert nicht der geringste Windschutz. Ich meditiere über's Radfahren in Island und die Trostlosigkeit des Seins - das einzige Thema, das mir einfällt.

Skogarfoss: 65 m hoher, mächtiger Wasserfall mit Hamburger-Bude. Campingplatz gefällt mir nicht, ich fahre trotz Regen und Sturm weiter. Total durchnässt und durchgefroren komme ich am Abend doch noch in Vik an - trotz Starkwind 85 km geschafft. Auf dem Zeltplatz eine fast kalte Dusche.

 

4. Etappe: Vik - Hrifunes, 50 km

Am nächsten Tag war Sonntag. Deshalb hier mal den gesamten Tageseintrag, weil der so typisch für die Tage im Süden war:

Heute ist Sonntag, da macht der Supermarkt erst um 11 h auf. Ich leiste mir den Luxus, in einem Trockner für 200 ISK meine nassen Radklamotten zu trocknen. Für was? Draußen regnet´s beständig.

Ich muss hier einkaufen - wenn alles wie geplant klappt, ist es für die nächsten ca. 10 Tage die letzte Möglichkeit, an Lebensmittel zu kommen. Gegen 12 h starte ich bei Nieselregen und starkem Gegenwind. Die 45 km durch die Myrdalssandur sind Tristess pur. Rechts + links völlig ebene, schwarze, meist völlig vegetationslose Sandwüste. Die Strasse ein einziger gerader Strich.
Permanenter Kampf gegen Wind + Regen. Alles tut weh wegen der ständig gleichen gebückten Haltung.
Beim Abzweig auf die Piste 209 hunderte Steinmänner. Reisende schichteten diese auf als Glücksbringer.
Die Piste ist schlecht und ich kann mit meinen steifen, kalten Händen nicht mehr schalten. (Mit Anhalten u. mit beiden Händen geht´s.)

Dann erreiche ich Hrifunes, 2 Häuser + 1 Kaffeehütte. Für 500 ISK = € 6.- bekomme ich einen Mini-Sandwich.
2 km weiter gibt es einen Campingplatz. Dieser besteht aus einem Plastik-Klohäuschen, sonst nichts. Ich bin wieder der einzige Camper!

Wie wird wohl das Zelt aussehen, das ich heute morgen in strömendem Regen klitschnass in den Sack gesteckt habe?
Ich bau's jetzt in wiederum heftigem Regen auf, öffne den Reißverschluss und - Hillebergs gehört der Nobelpreis - eine einladend trockene Innenkabine begrüßt mich! Auch der Schlafsack und die warmen Klamotten - alles trocken. Ortlieb macht's möglich!
Der Wetterbericht für morgen ist schlecht und ich kann unmöglich mit meinen nassen Radklamotten weiterfahren. Die nächste Etappe bedeutet den ersten ernsten Einstieg ins Hochland.

Wie geht's morgen weiter?

Nächster Tag Ruhetag wegen Dauerregen. Nochmals dort übernachtet.

 

5. Etappe: Hrifunes - Landmannalauga, 78 Km

Um 4 h aufgestanden
Wetter unsicher, aber trocken
35 km gute Piste.
Dann verschlechtert sich die Piste und die ersten Extremanstiege kommen.
Die erste Furt.
Elgija: 40 km lang, größter Spaltenvulkan der Erde.
2 x Plattfuss > beim Flicken beginnt's zu regnen
Park-Tool-Reifenflicken bewähren sich.

Wegen unsicherem Wetter durchgefahren ohne Pause. Dazu folgender Eintrag:

Abends noch eine Wanderung durch bizarres Lavafeld zu den "bunten Bergen" gemacht.
Überall dampft's hier aus der Erde.
Dann noch ein Mitternachtsbad im Hotpool genommen.
Sehr stimmungsvoll, bei starkem Wind, leichtem Regen, im Dämmerlicht im heißen
Wasser sitzend die vom letzten (oder schon wieder vom ersten?) Licht beschienenen bunten Berge zu bewundern.

 

6. Etappe: Landmannalauga - 30 km hinter Versalir

Um 7 h Abfahrt von Landm.gleich 2 Extremanstiege (20% +  22%Dem Bergland um Landmannalaugar folgt nun eine große, sehr schöne Sandwüste. Das Problem sind viele "Quicksands", weiche Sandstellen, die nicht zu erkennen sind und meist zum Sturz führen.

Gegen Mittag bin ich im Gebiet v. Hrauneyjalòn, dort wird die Piste extrem rauh, fast unbefahrbar. (Loser Grobstschotter)
Ab dem Staudamm wird´s wieder besser.
Zum ersten Mal kann ich an einer windgeschützten Stelle vespern, die Sonne scheint auch noch dazu. Beginn der Sprengisandur.
Die totale Einsamkeit und die schöne Wüstenlandschaft sind beeindruckend. Da das Wetter noch immer hält, macht´s richtig Spaß.
Eine Randnotiz im Tagebuch mal zwischendurch:

Notiz: SPD-Pedale sind hier völlig ungeeignet. Wasser und Lavasand verkleben sie ständig.

Ich komme nur ganz schlecht hinein und- was viel elender ist- kaum mehr raus! Das hat schon zu ca. einem Dutzend Stürzen geführt, einmal mitten in einem Bach, wo ich der Länge nach in's eiskalte Gletscherwasser fiel.

Besser: normale Bärentatzen und leichte Wanderschuhe.

Dann hole ich 2 Radler aus Mainz ein, deren Kampfspuren ich schon des längeren verfolgt habe. Sie scheinen total überfordert zu sein, sind um 16 h erst in Versalir gestartet!?
Dann setzt urplötzlich von hinten kommend Eisregen ein, mit Hagel und Schlagregen. Es wird bitterkalt. Ich muss im größten Unwetter die Jacken wechseln und Handschuhe herauskramen.
Dann folgt dazu noch ein reißender Fluss, der gefurtet werden muss. In einer kurzen Regenpause baue ich mein Zelt auf, es reicht geradeso, kochen muss ich im Zelt.

 

7. Etappe: Zeltplatz DI - Nyidalur - Kreuzung am     Skalfandafljöt, 55 km An diesem Nachmittag, der folgenden Nacht und dem nächsten Morgen sollte ich noch die gefährlichsten und aufregendsten Situationen der ganzen Tour erleben. Die folgenden Einträge sind ungekürzt:

Donnerstag, 08.08. Die Sonne weckt mich um 7 h. Raue Piste, aber schöne Gegend bis Nyidalur.
Die Kollegen aus Mainz treffe ich 1 km vor der Hütte. Dort zelteten sie wegen Unwetter und Dunkelheit, da sie nicht wussten, dass sie kurz vor der Hütte sind.
Auf der Hütte ein netter Betreuer, der mich Kaffee kochen lässt und mir Fisch zu essen gibt.
Dann kommen 3 gewaltige Flüsse zum Furten. Der 3. ist der schlimmste. Ich muss hunderte Meter flussabwärts, bevor ich nach langem Probieren (waten ohne Rad) eine (schlechte) Möglichkeit finde.

Das Wasser ist reißend und eiskalt, der Gletscher ist nur ca. 1 km entfernt.
Ich muss den Fluss insgesamt 8 Mal durchqueren, um alles Gepäck und das Rad auf die andere Seite zu bringen. Mit höchster Konzentration und letzter Kraft schaffe ich es schließlich. Dazu habe ich 2 ¼ Std. gebraucht. Die Füße tauen nicht mehr auf, es fängt auch wieder an zu regnen.

Nach 25 km v. Nyidalur sollte eine Kreuzung kommen - nichts. Die Piste ist extrem schwer befahrbar, lange Anstiege im Schotter usw. Kaum noch Markierungspfähle, manchmal habe ich Schwierigkeiten, die Piste überhaupt zu finden. Irgend etwas stimmt nicht! Ich fahre weiter, bis bei km 30 eine Kreuzung mit Schildern kommt.

Ich bin falsch! Die ganze Schinderei mit der extremen Piste, das Furten der gefährlichen Flüsse - alles umsonst! Ich bin niedergeschlagen. Es ist 19.30 h, ich baue in dichtem Nieselregen das Zelt auf.

Der erste Blick gilt der Karte. Ich bin auf der extrem schweren Askja - Route, am Skjalfandafljöt. Durch das Furten abseits der Piste beim 1. Fluss habe ich eine Kreuzung übersehen, die genau am andern Ufer liegt. Meine erste Reaktion: niemals zurück durch den 3. Fluss! Lieber 3 ½ Tage Umweg über die Askja - Route. Ich habe eine Routenbeschreibung bei mir - da muss u.a. 15 km das Rad durch ein Sandstück geschoben werden, das sind 5 - 6 Std. schieben.
Ich krieche in den Schlafsack, kann aber die ganze Nacht nicht schlafen. Es regnet permanent sehr stark. Ich stelle mir vor, wie die Flüsse steigen. Sitze ich in der Falle, mit Proviant für 3 Tage? (Autos kommen hier fast nie).

 

8. Etappe: Skalfandafljiöt-Kreuzung - Laugafell, 68 Km Freitag, 09.08.

Um 3 h hört der Regen auf. Ich warte etwas, stehe dann kurz vor 4 h auf. Das Wetter ist total schlecht, Nebel hüllt die Hügel ein. Es ist saukalt, 3°c. Das Anziehen der klitschnassen Radkleider bringt fast einen Herzstillstand. Zum Frühstück esse ich 2 Löffel trockenes Müsli. Gleich nach dem Packen setzt wieder Regen ein. Ich entschließe mich spontan, es zurück zur Kreuzung bei Nydalur zu versuchen - entweder, oder. Also steige ich wieder hoch auf 950 m Höhe, furte 18 Flüsse, bis ich vor dem entscheidenden 3. großen stehe. Das Wasser wieder ockergelb - Sicht = 0.

Ich probier's an einer anderen Stelle als gestern - es geht! Ich bin heute in ¾ Std. über den Fluss. Gott - sei - Dank! Ich furte noch durch den 2., den 1. brauch´ ich nicht mehr, da ja die Kreuzung diesseits liegt.

Ich hab´s geschafft, aber mitten in den Fluten stehen meine Mainzer bis zur Brust im Wasser, angeseilt. Ihr Zelt steht auf einer Insel mitten im Fluss. Also haben sie gestern den Fluss zur Hälfte gefurtet, haben Angst bekommen und das Zelt aufgebaut. Die Kameraden sind also gestern 6 km weit gekommen. Ich kann ihnen nicht helfen und fahre weiter.

Die 80 Km lange Schleife der Laugafell-Piste ist unter Extrem-Radlern berüchtigt wegen ihrer Pistenbeschaffenheit und ihrer steilen Anstiege und Abfahrten. Ich wollte sehen, ob mich nach meinem Abstecher auf die Askja-Route so etwas noch beeindrucken kann.

Mein Eintrag dazu lautet:

Die folgenden 31 km sind härteste Piste. Schotterwellblech, Sand - und Fluss-Durchquerungen wechseln sich ab.

Ich muss etwas essen - aber bei dem kalten Wind ist es unmöglich zu pausieren. Im Schutz der Packtaschen verdrücke ich ein paar Kekse.

Laugafell: Hotpool 38 Grad - Oase (grüne Wiese in 900 m Höhe inmitten der Steinwüste)
3 ½ Std. Regenpause, trocknen des Materials von nass zu feucht.

 

9. Etappe: Laugafell - Mýri, 81 km Der Beginn des nächsten Tages:

Es regnet die ganze Nacht hindurch bis 8 h. Da ich einiges am Rad reparieren muss, komme ich erst um 11 h weg. Es ist wieder saukalt (3 Grad). Gleich vom Start weg steile Anstiege in Serie, dazwischen immer wieder Abfahrten - ich schätze, um die 20 Anstiege / Abfahrten. 
Ich komme bei 1020 HM auf den höchsten Punkt der ganzen Tour.

Die Piste sehr schlecht bis zur Einmündung in die F 26, dann für ein paar km gut.
Über Stunden geht's bergauf, bergab, die Piste wieder sehr, sehr rau, manchmal in Schotter - Wellblech - Strecken fast unbefahrbar.
Trotzdem - es geht, ich komme weiter. Die 4 noch zu furtenden Flüsse sind kein Problem.
Am Abend dann plötzlich in der Ferne grün - das Ende des Hochlands ist in Sicht!
Ich besuche noch den traumhaft schönen Aldeyarfoss - für mich der schönste Wasserfall Islands! (siehe Bilder)
Ich habe die Sprengisandur geschafft, vor mir liegen nur noch 50 km bis zur nördlichen Ringstrasse. Und das in der Rekordzeit von nur 4 Tagen ab Landmannalaugar.

Im Rückblick schreibe ich u.a. in's Tagebuch:

P.S.: Im Gebirge hatte ich oft eine Temperatur von 4Grad C und 30 km/h Gegenwind. Eigene Geschwindigkeit angenommen 10 Km/h, ergibt dies eine Chill-Temperatur von -11 Grad C!

 

10. Etappe: Mýri - Skudtustathir,  80 Km Der Hof Myri: einer der alten, berühmten Höfe-der letzte im Tal. Ca. 200 Km entfernt von Akureyri, dem nächsten Ort.

2 Anstiege
Fahrt durch's grüne Barthadalur
Gegenwind
Fossholl   (Supermarkt, sauteuer, Sortiment wie im Keller eines Privathaushalts)

Der Godafoss: Der "Götterfall", nur 10 m hoch und doch imposant. Name kommt von der Zeit der Christianisierung, als ein Gote (ein parlam. Vertreter) hier Götzenbilder in den Fluss geworfen haben soll.

Obwohl ich eigentlich hier bleiben wollte, doch weitergefahren
zum 1. Mal mit Rückenwind
45 Km bis Myvatn
anfangs Teerstr.
Auftstieg z. Myvatnsheidi Grobschotter.

Spätnachmittags den Mývatn (Mückensee) erreicht. 1 Stunde Sonne und prächtige Stimmung am See mit seinen vielen Pseudokratern.

Abends Essen im Restaurant für € 50 und 3 Bier für € 24.

 

11. Etappe: Skutustathir - Akureyri, 88 Km Morgens um 6:30 h aufgestanden, aber Regen bis 11h
Start
Eyjalfjördur: 65 Km langer Fjord zum europ. Nordmeer/bis zum Polarkreis 90 km.
Akureyri: zweitgrößte Stadt Islands, 15000 EW, 150 m lange Fußgängerzone.

Hier ein Eintrag betreffend des Sommers in Island:
Beim Friseur lasse ich mir den Bart stutzen. Er meint, dass es dieses Jahr wohl keinen Sommer auf Island geben werde. Das befürchte ich auch!

Radgeschäft

Abends 6 Grad und Regen.

 

12. Etappe: Akureyri - Brúarhlith, 130 Km Zeltplatz in Akureyri: Reparaturen, Reifenwechsel, Bremsklötze, etc.

Abfahrt 12:15 h auf 100 km lange Strecke bis Vermahlid, nichts außer einer Biwakschachtel
mit 30-er- Rückenwind durch's Öxnadalsa
8%-er 6 Km hoch zur Öxnysdalsheidi
bitterkalte Abfahrt
22 Km Gegenwind und kalter Regen bis Varmahlid
Supermarkt, endlich Campinggaskartusche bekommen.

Da es erst 17:30 h ist, fahre ich weiter. Dazu ein kurzer Eintrag:

Gleich folgt ein unerwartet langer, steiler Anstieg auf die Efribyggd-Höhe mit z.T. grausigen Sturmböen. Ich brauche manchmal die ganze Straßenbreite, um das Rad abzufangen. Gott-sei-dank ist auf der "1" nahezu kein Verkehr.

Dann Abzweig auf die 732 / F 35 Richtung Kjölur

Zeltplatz im Blöndudalur

 

13. Etappe: Brúarhlith - Kjölur, 96 Km Start zur 2. Hochlanddurchquerung. Dazu folgender Eintrag:

Heute geht's also wieder in's Hochland- auf die Kjölur-Route.

Diese ist kürzer und etwas leichter als die Srengisandur und wird täglich von einem Bus befahren.
Ich starte um 9:30 h bei schwarzem, wolkenverhangenem Himmel.
Beim ersten langen Anstieg wieder Regen. Die folgenden 50 Km bis zur Biwakschachtel sind karges Hochland - wie bekannt, die Piste ist gut.

Eintrag eines Schweizer Radlers im Hüttenbuch der Biwakschachtel:
" 3 Wochen Regen, keinen Tag Sonne, täglich Sturm. Wer in Island Rad fährt, muss einen Sprung in der Schüssel haben ..." Kein Kommentar!

Die beschriebenen 3 Wochen lagen genau vor meiner Ankunft, d.h., das Wetter ist seit 5 Wochen so! Hveravellir: Hotpool, Solfataren, Hütte. Ein großes geodätisches Gebiet, über- all dampft und brodelt's.Ich könnte hier zelten, entschließe mich aber zur Weiterfahrt.

Im Tagebuch steht:

Ich fahre aber noch weiter, da ich noch eine Nacht allein im Hochland verbringen möchte.

Bei starkem Sturm gelingt es mir mit aller gewonnenen Erfahrung, mein Zelt an einem herrlichen See aufzustellen (Porisvatn, siehe Bilder).
Der Beginn des Zeltaufbaus ist stets so: eine Zeltöse in der rechten Hand, 1 Hering im Mund und einen großen Stein in der linken. Sobald der erste Hering steckt und der Stein drauf liegt, ist das Fundament gelegt.

Am späten Abend geht noch für 1 Stunde die Sonne auf. Ich habe ein phantastisches Panorama vom Zelt über "meinen" See auf den 1700 m hohen Hofsjökull (zweitgrößter Gletscher Islands) und den schönen Keflingarfjöll.
Der Sturm hält die ganze Nacht hindurch an, der Lärm des knatternden Zeltes wird wohl mein Gehör auf ewig schädigen!

 

14.Etappe: Kjölur - Geysir, 99 km Sturm auch den ganzen folgenden Tag, jedoch nun als Rückenwind!
Zeltabbau als Outdoor-Meisterstück!
Gedenkstein für Straßenbaupioniere
vorbei am Langjökull
Touristen-Steinhaufen am Fuß des Bláfells
Hvita / Ende des Hochlandes

Es folgt dann noch ein extremer 20%-er aus dem Sandatal dann nur noch bergab bis zum Gullfoss, dem "Goldfall"

Der Gullfoss: Islands wohl berühmtester Wasserfall
Hvita fällt hier in 70 m tiefen Canyon.

Fahre noch die paar km auf Teerstrasse weiter bis zum Geysir.

Der große Geysir: Namensgeber aller Geysire dieser Welt etwas faul geworden, Ausbrüche nur noch alle 90 min.

Der Strokkur: das "Butterfässchen"
alle 10 min. 10 - 15 m hohe Dampf-Fontäne.
Ich zelte direkt beim Geysir.

 

15. Etappe: Geysir - Thingvellir, 60 Km

Am Morgen zuerst schönes Wetter
Wind
kälter
11 h Abfahrt.
Unterwegs große Herde Islandpferde. Noch einmal Hochlandpiste, die 365, mit einem langen 19%-er.

Der Thingvallavatn:
Größter See Islands - schöne Umgebung - Lavafelder mit Heidekraut und Moos.

Zeltplatz in Thingvellir.

 

16. Etappe: Thingvellir -  Reykjavik, 59 Km Aufgewacht bei strahlendem Sonnenschein und Windstille

Thingvellir:

1 km breites Tal

Vulkanspalte, die   europ. von amerikan. Kontinent trennt, triftet pro Jahr 2 cm auseinander füllt sich immer wieder durch Vulkanausbrüche - hoffentlich nicht heute!
Platz des Althings, des ältesten Parlaments der Welt (930 - 19. JH)
Lönsberg, Almmännerschlucht, Ertränkungspfuhl etc., sind für Isländer heilige Stätten.
Ich lese Halldór Laxness's Buch "Die Islandglocke", ein historischer Roman des Nobelpreisträgers, in dem diese Gegend genauestens beschrieben wird. Das ist unerhört spannend.

Noch ein Eintrag über den Nachmittag diesen Tages:

Das Wetter scheint sich zum Guten gewendet zu haben. Ich genieße Sonne und den schönen Platz bis lange nach Mittag.
Um dem Land meine Referenz als ein radlerfreundliches zu erweisen, starte ich "kurz".
Für ca. 8 km- dann zieht's zu, ich wechsle wieder zu Gorejacke, Mütze und Handschuhe.
Letzter Blick zum Hochland
Weiterfahrt bis 17 km vor Reykjavik > Ringstrasse > Verkehr > Ampeln Starenkästen wie daheim
Hotel zu teuer
Zeltplatz
nachts Nordlichter

 

Reykjavik: Die Perlan: 6 riesige Tanks mit 24 Mio. Liter 85 Grad heißem geothermischem Wasser.

Hallkrimskirka: interessante Kirche von 1986 an markanter Stelle.

Ich habe mich 1 ½ Tage in Reykjavik
aufgehalten, das reicht (kein "Muss").

 

17. Etappe: Reykjavik - Keflavik,  50 km Die 50 km bis Keflavik bei dunklem Himmel und Regen.
Waren die letzten beiden einigermaßen schönen Tage im isländischen Sommer 2002?
Im Hotel übernachtet > wieder strömender Regen bis zum Abflug.

 

Biking in Iceland: hier noch mein letzter Tagebucheintrag, quasi ein Resümee, das ich im Flugzeug geschrieben habe:

Bedingt durch das beständig schlechte Wetter ein harter Trip!

Fleece - Jacke, lange Unterhose, Mütze, Handschuhe gehören zur Standard - Bekleidung.

Die Temperaturen von durchschnittlich 6 - 12°c sind nicht das schlimmste, sondern der ständig blasende, eiskalte Wind (bzw. oft Sturm).

Sobald aber die Sonne herauskommt, ist Island in weiten Teilen ein faszinierend schönes Land. Beeindruckend vor allem die Weite des Landes, die Einsamkeit und der riesige nordische Himmel.

Begeistert war ich vom Hochland, von den Wüsten, von der herben Schönheit des Minimalen.

Warum es gerade "in" ist, mit dem Rad auf der Ringstrasse Island zu umrunden, verstehe ich nicht. Das ist vermutlich die langweiligste Tour, die in Island möglich ist.

Ob ich wiederkomme? Ich weiß es nicht!

Im Augenblick würde ich mir als nächstes Rad - Reiseziel eher ein Land wünschen, wo man abends in der Sonne vor dem Zelt eine Pfeife rauchen kann, wo´s einen guten Wein dazu gibt und schmackhafte Lebensmittel.

Trotz allem: es war ein riesiges Erlebnis!

 

Die Daten nach Reiseende: Distanz total 1 428 km
Höhenmeter total 12 900 m
Aktive Zeit total 96:31 h
Durchschnittsgeschwindigkeit total 14,8 km/h

Island - einige Daten:

Einwohner: 280 000 = 2,7 / km²
61 % davon in Reykjavik und Umgebung. d.h. ca. 1 EW / km² in der übrigen Fläche.
Fläche: 130 000 km²
entspricht ca. der Fläche d. neuen Bundesländer, z.V. Österreich: 83 000 km²

  1% davon ist landwirtschaftlich genutzt
19% davon ist Weideland
75% ist unbewohnbar
11% davon sind Gletscher
25% sind mit Vegetation bedeckt
20% sind besiedelt.

Küstenlänge: 5 000 km

Ost - West - Ausdehnung ~ 540 km
Nord - Süd - Ausdehnung ~ 350 km

Sonstiges:

Regentage p.a. 174,
¼ der Strassen sind asphaltiert,
Preis für 1 kg Paprika € 41.-

Zu weiteren Auskünften bin ich gerne bereit.